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ESD-Schutz: Grundlagen einfach erklärt, inklusive EPA/ESD-Schutzzone

ESD-Schutz: Grundlagen einfach erklärt

ESD-Schäden sind für das bloße Auge unsichtbar, können aber kostspielige Folgen haben. Für viele Industrieunternehmen ist das Befolgen von ESD-Schutz-Grundlagen daher unverzichtbar.

Ob beim Laufen über einen Teppich oder während des Anziehens eines Pullovers –  elektrostatische Ladungen entstehen ständig. Praktisch jeder Mensch kennt daher das Phänomen, „einen gewischt zu bekommen“: dieser kurze, leichte elektrische Schlag, der einen beim Händeschütteln oder beim Anfassen von metallenen Türklinken und Treppengeländern trifft. In solchen Fällen geschieht eine elektrostatische Entladung (ESD) mit einer Spannung von bis zu 3.000 Volt – das ist für den Menschen schmerzhaft, aber ungefährlich. Anders sieht es bei elektronischen Bauteilen aus. So genügt bereits eine Spannung von 100 Volt, um Informationen auf einem magnetischen Datenträger zu löschen oder ein EPROM (elektronischer Speicherbaustein) zu zerstören. Diese ESD-sensiblen elektronischen Bauelemente werden auch als „ESDS“ (= electrostatic discharge sensitive devices) bezeichnet. Doch trotz der Gefahr, die ESD für elektronische Komponenten und Bauelemente darstellt, werden ESD-Schutz-Grundlagen am Arbeitsplatz von vielen Unternehmen, die solche Bauteile herstellen oder weiterverarbeiten, vernachlässigt. Umso wichtiger ist es also, sich über die Gefahren und ESD-Schutzmaßnahmen einen Überblick zu verschaffen. Dabei spielen sowohl Technik und Werkzeuge als auch Verhaltensregeln eine entscheidende Rolle.

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Was bedeutet ESD? Welche Folgen kann ESD haben?

ESD ist die Abkürzung des englischen Begriffs „electrostatic discharge“ (elektrostatische Entladung) und beschreibt einen unkontrollierten Ausgleich elektrischer Ladung zwischen zwei unterschiedlich stark aufgeladenen Objekten. Für eine elektrostatische Entladung ist nicht einmal ein direkter Kontakt nötig. Das Problem für die Industrie: Elektronische Bauelemente können an praktisch jedem Punkt der Produktionskette infolge einer abrupten elektrostatischen Entladung beschädigt werden, zumal elektrostatische Ladungen bzw. Aufladungen im Grunde ständig entstehen – beispielsweise durch Reibung und Bewegung. Selbst durch das einfache Arbeiten an einem Arbeitstisch in der Produktion kann bereits eine Aufladung von bis zu 6.000 Volt entstehen.

Verpackungen wie ESD-Abschirmbeutel schützen ESD-empfindliche Bauteile beim Transport.

Fühlbar ist ESD zwar erst ab 3.500 Volt, bereits 5 Volt können jedoch ausreichen, um Bauteile zu beschädigen.

An dieser Stelle kommt ein weiteres Problem von ESD ins Spiel: Während viele alltägliche Fälle von elektrostatischer Entladung, etwa beim Händeschütteln, aufgrund des mit ihnen verbundenen Schmerzes durch den elektrischen Schlag offensichtlich sind, geschieht ESD sehr häufig auch völlig unbemerkt. Fühlbar sind solche Entladungen nämlich erst ab einer Spannung von etwa 3.500 Volt. Schäden an empfindlichen Komponenten können jedoch bereits bei deutlich niedrigeren Spannungen auftreten. Zum Beispiel reicht in der Produktion von Magnet-Festplatten schon eine Spannung von 5 Volt aus, um den empfindlichen Lesekopf zu beschädigen. Erschwerend kommt hinzu, dass elektrostatische Entladungen nicht nur von Menschen ausgehen: Auch Betriebsmittel wie Transportwagen, Werkzeuge und Arbeitsflächen können, sofern sie nicht speziell ausgerichtet sind, von einer elektrostatischen Aufladung betroffen sein und zu ESD-Schäden führen. Daher sollten sie elektrisch leitfähig sein.

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ESD-Schutz: Grundlagen für die Industrie

Doch nicht nur die elektrostatischen Entladungen an sich geschehen in vielen Fällen unbemerkt: Auch die dadurch angerichteten Schäden, etwa beschädigte Leiterbahnen, sind mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen. Selbst ein Lichtmikroskop reicht hier meist nicht aus, sodass es in der Regel eines Elektronenmikroskops bedarf, um ESD-Schäden sichtbar zu machen. Die daraus resultierenden Ausfälle treten dann nach einigen Wochen oder Monaten während des Betriebs beim Endkunden auf. Die Folgen für die betroffenen Unternehmen sind dann umso schneller spürbar: Reklamationen, teure Garantieleistungen und der Verlust des Kundenvertrauens. ESD ist also eine Art Worst Case für jedes Unternehmen, denn die Schäden können auch bereits beim Zulieferer entstehen und im eigenen Werk unbemerkt bleiben.

ESD-Schäden wie dieser Überschlagstrompfad sind nur mithilfe eines Elektronenmikroskops sichtbar.

ESD-Schutz-Grundlagen müssen konsequent und vom ganzen Unternehmen eingehalten werden.

Glücklicherweise lassen sich ESD-Schäden effektiv verhindern, wenn Unternehmen sich der Problematik bewusst sind und ESD-Schutz-Grundlagen konsequent praktizieren. Von elementarer Bedeutung ist dabei, dass der Schutz vor ESD als unternehmensweites Konzept verstanden und etabliert wird. Mehr noch: Entsprechende Schutzmaßnahmen beginnen bereits bei der Auswahl der Zulieferer und endet erst mit der sicheren Übergabe an den Kunden. Zur ganzheitlichen Etablierung im Unternehmen gibt es mit der DIN EN 61340-5-1 sogar eine Norm. Diese sieht ein Kontrollprogramm vor, in dem die wesentlichen Bestandteile eines ESD-Schutzkonzeptes für alle Mitarbeiter verbindlich dokumentiert sind. ESD-Schutzmaßnahmen umfassen folgende Bereiche und Vorgaben:

  • Einhaltung der relevanten Normen
  • Dokumentierte Schutzverfahren für die gesamte Prozesskette (inkl. Zulieferer und Kunden)
  • Normgerechte Kleidung für den Schutz vor ESD (entscheidende Eigenschaft: elektrische Leitfähigkeit)
  • Gut ausgebildete ESD-Koordinatoren und Mitarbeiter
  • Normgerecht eingerichtete ESD-Schutzzonen
  • Tägliche Kontrollen relevanter Punkte
  • Einhaltung des Personenschutzes
  • Regelmäßige interne Audits

Grundlagen von ESD-Schutz am Arbeitsplatz – nicht nur in der Produktion

Essenziell für effektiven ESD-Schutz ist also entsprechend ausgerüstetes Personal. Doch auch die Notwendigkeit von ESD-Ausrüstung und deren korrekte Verwendung muss den Mitarbeitern vermittelt werden. ESD-Schulungen helfen dabei, Mitarbeiter über die Problematik aufzuklären und ihnen ESD-Schutz-Grundlagen und deren Einhaltung zu vermitteln. Dabei genügt es jedoch keineswegs, lediglich diejenigen zu schulen, die in der Produktion elektronische Bauteile verarbeiten: Umfassender ESD-Schutz ist nur möglich, wenn er von allen Mitarbeitern aktiv mitgetragen wird – ganz gleich, ob es sich um Reinigungskräfte, Techniker oder Lageristen handelt.

Um die (Ab-)Leitfähigkeit speziell beschichteter ESD-Oberflächen nicht zu beeinträchtigen, müssen diese mit speziellem ESD-Oberflächenreiniger gereinigt werden.

Neben Faktoren wie geeigneter Schutzkleidung, speziellem Werkzeug, antistatischen Verpackungen zur Vermeidung von ESD und der Einhaltung relevanter Normen spielt auch die umgebende Luftfeuchtigkeit eine entscheidende Rolle für umfassenden ESD-Schutz. Schließlich begünstigt eine niedrige Luftfeuchtigkeit die Entstehung elektrostatischer Aufladungen. Aus diesem Grund treten auch die spürbaren Entladungen im Alltag während der Winterzeit besonders häufig auf. Für den Umgang mit elektronischen Bauteilen gilt daher: Falls baubedingt möglich, sollte die relative Luftfeuchtigkeit in den zu schützenden Bereichen auf einem Wert von mindestens 30 % gehalten werden. Ein weiteres ESD-Risiko bergen Materialien, die mit unterschiedlichen elektrostatischen Aufladungen von Zulieferern angeliefert werden. Diese Materialien können etwa im Wareneingang mithilfe von Ionisatoren ausgeglichen werden, bevor das Material in die Intralogistik gerät.

Betriebsmittel & EPA: ESD-Schutz-Grundlagen in der Praxis

Als Teil der ESD-Schutz-Grundlagen sieht die DIN-Norm auch eine entsprechend eingerichtete ESD-Schutzzone vor. Eine solche Schutzzone wird auch als Electrostatic Protected Area (EPA) bezeichnet. Elektronische Bauteile dürfen nur in diesen Bereichen gehandhabt oder montiert werden. ESD-Schutzzonen beruhen auf dem Grundgedanken, dass alle hier verwendeten Materialien ableitfähig und auf gleichem Potenzial geerdet sein müssen. Elektrostatische Aufladungen und Potenzialunterschiede lassen sich so zuverlässig vermeiden. Bestehende elektrische Ladungen werden gezielt in den Erdboden abgeleitet. Eine EPA kann aus einem einzelnen Arbeitsplatz in der Produktion, einer definierten Fläche oder auch einem ganzen Gebäude bestehen.

Eine EPA (Electrostatic Protected Area) ist eine der fundamentalen Grundlagen von effektivem ESD-Schutz.

Der ESD-Schutz innerhalb einer EPA wird durch verschiedene Komponenten gewährleistet. Beispielsweise verhindert ein ESD-Armband die elektrostatische Aufladung beim Menschen, wenn es über ein ESD-Verbindungskabel an eine ESD-Erdungsbox oder einen ESD-Erdungsstecker angeschlossen ist. Darüber hinaus schützt eine ESD-Tischauflagematte, die ebenfalls an Erdungsbox oder -Stecker angeschlossen wird, die Bauteile, mit denen gearbeitet wird. Für den Transport von Waren eignen sich beispielsweise item SystemMobile, die über eine ESD-Schleppkette permanenten Kontakt zum ESD-Boden haben und so elektrostatische Ladung ableiten können. Mit den richtigen Komponenten wird ESD-Schutz zwar nicht weniger komplex, aber vergleichsweise unkompliziert umsetzbar – und ist nicht zuletzt aufgrund der potenziell deutlich gesenkten Ausfallrate der eigenen Produkte enorm lohnenswert.

Weiteres Know-how rund um den Schutz vor unkontrollierter elektrostatischer Entladung

Der Schutz vor ESD gehört zu den entscheidenden Aspekten der Arbeitsplatzgestaltung in der Produktion. In der eigenen Kategorie „Montagearbeitsplatz-Systeme“ auf dem item Blog gibt es daher mehrere Beiträge zu dieser Thematik, ergänzt durch solche zum Arbeitsplatz-Konfigurator, der eine Definition und Visualisierung der individuellen ESD-Schutzzonen ermöglicht. Zusätzlich stehen im ESD-Mediacenter von item verschiedene kostenfreie Inhalte zur Verfügung. Dabei reicht das Spektrum von Wissen zu ESD-Grundlagen über Ratgeber für die Praxis bis hin zum Anwenderbericht. Hier sind alle Inhalte in der Übersicht:

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