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Darum lohnen sich Industrie 4.0 und Robotik für KMU

Dennis Lenkering, Geschäftsführer der Lenkering Montage- und Zerspanungstechnik GmbH

Im Interview berichtet Dennis Lenkering, Geschäftsführer der Lenkering Montage- und Zerspanungstechnik GmbH, über die Zukunft der Automatisierung im Mittelstand.

In den Diskussionen um die Digitalisierung im Maschinenbau nehmen die Bereiche Industrie 4.0 und Robotik eine immer größere Rolle ein. Gleichzeitig denkt man dabei zuerst häufig an riesige Smart Factories oder Robotikanwendungen größeren Maßstabs. Doch auch KMU sollten sich an diese Zukunftsthemen wagen – dies zeigen etwa die Erfahrungen der Lenkering Montage- und Zerspanungstechnik GmbH (LMZ) aus dem niedersächsischen Steinfeld. Das zum item pluspartner Netzwerk gehörende Unternehmen ist auf die Entwicklung individueller Automatisierungsanlagen spezialisiert und verfügt über umfassende Expertise bei Anwendungen für Industrie 4.0 und den Robotikbereich. Über die MP EcoLine Serie® für halbautomatische Montage- und Prüfprozesse und die intelligente Klebeanlage 465 (mit Roboterunterstützung) von LMZ haben wir hier bereits berichtet und jetzt LMZ-Geschäftsführer Dennis Lenkering zum ausführlichen Interview getroffen.

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Industrie 4.0: Potenzial für KMU und perfekter Einstieg

Industrie 4.0 klingt zunächst recht abstrakt und man denkt eher an größere Unternehmen. Warum sollten sich KMU mit Industrie 4.0 beschäftigen?

Heute gibt es auch in kleineren Unternehmen bereits zahlreiche automatisierte Prozesse. Daher empfiehlt es sich, darüber nachzudenken, die Prozessdaten zu verwenden, die in jedem Fall bei der Automatisierung entstehen. Daten fallen schon im privaten Bereich bei jedem Menschen überall an – und andere Unternehmen nutzen bereits unsere persönlichen Daten, um daraus Schlüsse ziehen zu können. Warum sollte man das im Maschinenbau nicht auch machen?

Nicht nur deshalb finde ich, dass sich gerade KMU intensiver mit Industrie 4.0 befassen sollten. Hinzu kommt nämlich, dass sie von einem deutlichen Vorteil gegenüber größeren Unternehmen profitieren: Denn bei Big Playern ist das ganze Prozedere rund um die Datenverwendung viel komplexer und träger als bei KMU. Aus diesem Grund können KMU schnell Neuerungen umsetzen, viel schneller als größere Konzerne.

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen bei der Einführung von Industrie 4.0 in mittelständischen Unternehmen?  

Ich glaube, die größte Herausforderung ist zunächst einmal der Anfang. Man muss im Unternehmen selbst erst einmal eine Akzeptanz für das Sammeln von Daten schaffen. Häufig gibt es eine Skepsis hinsichtlich des Faktors Datenschutz: „Ich möchte nicht nachvollziehen, welcher Mitarbeiter eine höhere Stückzahl erreicht.“

Die größte Herausforderung bei der Einführung von Industrie 4.0 ist der Anfang, also die Schaffung von Akzeptanz für das Sammeln von Daten.

Hier muss man im Sinne der Daten selbstverständlich ein bisschen aufpassen, aber wenn man das Ganze verallgemeinert und anonymisiert, dann sollte im Unternehmen eine entsprechende Akzeptanz entstehen. Hinzu kommt noch die Unsicherheit, welche Prozesse eigentlich digitalisiert werden können und an welchem Punkt angesetzt werden soll: Mit der Sammlung welcher Daten soll ich anfangen? Was verknüpfe ich damit überhaupt?

Wie sollte man also vorgehen, wenn man als Mittelständler eine automatisierte Produktion etablieren möchte?

Wir empfehlen, hier Schritt für Schritt vorzugehen. Daher haben wir bei LMZ einen 4-Schritte-Plan entwickelt, der sich für Automatisierung im Allgemeinen und Industrie 4.0 im Besonderen empfiehlt. Am besten beginnt man mit einem Pilotprojekt und sagt sich: „Mit dieser Automatisierung starte ich jetzt. Ich sammle hier die Daten und ich lerne hieraus.“ Und dann wird man ziemlich schnell feststellen, dass das einen sehr großen Vorteil bedeutet. Danach startet man mit den nächsten Prozessen.

Bei diesem Praxisprojekt von LMZ kommen Industrieroboter innerhalb eines Schutzzauns zum Einsatz.

Zur automatisierten Produktion für KMU mit Industrie 4.0

Wie würden Sie das Verhältnis von Automatisierung zu Industrie 4.0 beschreiben?

Man kann hier von einer Art Weiterentwicklung mit digitaler Technologie sprechen. Es handelt sich um eine neue Stufe der Industrialisierung. Wie gesagt, bei den Prozessen, die bereits automatisiert sind, wäre es optimal, wenn man die entstehenden Daten sammelt, und aus diesen Daten lernt.

Aktuell ist es so: Irgendwo tritt eine Störung auf – und wegen dieser Störung fällt die Anlage aus. Deshalb kann die Produktionszahl nicht gehalten werden. Häufig wird dann gesagt: „Die Automatisierung steht doch, warum ist das jetzt so? Wo ist der Monteur?“ Und dann ist der Monteur erst in zwei Tagen da.

Es empfiehlt sich, in den ersten vier Monaten der Produktion die Produktionsdaten einzulesen und auf dieser Basis den Normalzustand zu definieren.

Oft ist es so: Sobald eine neue Automatisierung in die Unternehmen kommt, gibt es leichte Anlaufschwierigkeiten. Wenn die Automatisierung jedoch läuft, ist der Projektleiter fertig und das Projekt abgeschlossen. Dann widmet er sich dem nächsten Projekt. Und niemand guckt sich mehr die Anlage an – bis die Störungen auftreten.

Was würden Sie stattdessen empfehlen?

Man sollte lieber in den ersten vier Monaten der Produktion die Produktionsdaten einlesen und auf dieser Basis den Normalzustand definieren, im Bereich der Parameter der unterschiedlichen Sensoren.

Wenn ich beispielsweise weiß, dass meine Parameter gerade schon bei 80 Prozent sind, kann ich meine Stillstandszeiten viel besser planen. Diese treten bei den meisten Automatisierungen auf, um etwas zu reinigen oder auszutauschen, was vielleicht verschlissen ist. Bei 100 Prozent weiß ich, dass die Maschine ausfallen wird.

Dann plane ich etwa, dass ich diese Woche 1000 Stück mehr herstelle, die ich in der nächsten Woche nicht mehr produzieren kann, weil ich genau weiß: Von Montag bis Dienstag wird diese Maschine gewartet. Zusätzlich buche ich den Monteur mit genügend Vorlaufzeit und bin sicher, dass ab nächstem Mittwoch meine Anlage wieder hundertprozentig läuft.

Es geht um Just-in-time Delivery. Lagerhaltung gibt es nicht mehr, alles wird produziert und ausgeliefert. Und wenn ich dann nicht direkt liefern kann und es entsteht dadurch ein Bandstillstand bei einem Automobilhersteller, dann sind die Kosten exorbitant hoch.

Das große Potenzial von Robotik für KMU

Ein großes Aushängeschild und Trend-Thema der Automatisierung ist die Robotik. Was sind hier aus Ihrer Sicht die zentralen Vorteile?

Das Wichtigste ist auf jeden Fall die Flexibilität. Wenn ich einen Roboter angeschafft habe, kann ich ihn nicht nur für ein und denselben Artikel einsetzen. Stattdessen lässt sich der Roboter flexibel verwenden, also für unterschiedliche Bereiche. Eine modulare Roboterzelle ist hierfür ein gutes Beispiel. Sie kann 8 Stunden etwas Bestimmtes produzieren, dann schiebt man das Robotermodell zur nächsten Maschine und es wird 8 Stunden etwas Anderes produziert.

Bei der Anschaffung einer Roboteranlage lassen sich die Kosten auf mehrere Projekte verteilen, da ich den Roboter für verschiedene Artikel einsetzen kann.

Zudem lohnt sich das Ganze sehr stark, wenn Artikel kleine Stückzahlen haben. Das heißt, man hat zwar die Anschaffung der Roboteranlage, aber man muss das Ganze nicht allein auf dieses eine Projekt umlegen. Die Anschaffungskosten werden stattdessen auf mehrere Projekte verteilt, da ich den Roboter für verschiedene Artikel einsetzen kann. Somit erhöht man die Auslastung des Roboters und die Anlage rechnet sich schneller.

Auch die Entlastung von Mitarbeitern ist ein wichtiges Thema. Der Einsatz von Robotern ist immer dann ein Vorteil, wenn monotone, nicht ergonomische Tätigkeiten ausgeübt werden oder wenn die Aufgaben mit höheren Gewichten verbunden sind. Dann ist es optimal, auf Roboter zu setzen, um die Mitarbeiter entsprechend zu schonen und sie für andere Prozesse im Unternehmen einsetzen zu können.

Hierbei handelt es sich um eine mobile Roboterzelle von LMZ mit einem KUKA-Roboter.

Robotik hört sich zunächst aufwendig an. Wie hoch ist der Kostenfaktor wirklich?

Im Bereich Robotik gibt es hier sehr große Unterschiede. Es kommt darauf an, welche Robotik-Lösung wie und wo eingesetzt werden soll. Eigentlich gibt der Prozess, der automatisiert werden soll, bereits vor, welche Art von Robotik dort zum Einsatz kommen kann.

Dabei muss man betrachten, ob kleinere oder größere Gewichte gehoben werden. Daneben sind folgende Fragen wichtig: Welche Reichweite wird benötigt? Hat man einen sehr kleinen Arbeitsbereich oder muss man von A nach B an viel größeren Stellen noch etwas verpacken? Und die Zeit, die dahintersteckt, also die Zykluszeit, fließt ebenfalls in die Überlegungen ein.

Wenn ich beispielsweise viel Zeit und geringe Gewichte habe und ich auf die herkömmliche Sicherheitstechnik verzichten möchte, dann lohnen sich Cobots. Diese sind aufgrund der speziellen Sicherheitsanforderungen sehr langsam. Wenn ein Cobot einen Menschen berühren sollte, dann passiert das langsam, er kann ihn nicht verletzen.

Habe ich es allerdings mit einer sehr knappen Zykluszeit oder sehr hohen Gewichten zu tun, kann ich einen normalen Industrieroboter nehmen. Ihn kann ich auch trotz Sicherheitseinrichtung mobil gestalten.

Es kommt ganz auf den Prozess an, der zu automatisieren ist. Und danach richten sich dann auch die Kosten. Wenn ich mit dem Roboter nicht viel machen muss, er Zeit und wenig Gewicht hat, dann sind auch die Kosten dafür relativ gering. Aber je höher die Anforderung ist, desto teurer wird es.

Profiltechnik von item: Optimal geeignet für Industrie 4.0 und Robotik

Als item pluspartner sind Sie gut mit den Komponenten von item vertraut. Welche Vorteile bieten diese gerade bei Robotik und Industrie 4.0?  

Modularität ist hier der Hauptpunkt. Ein entscheidender Vorteil von Robotik ist eben die Flexibilität. Wir bauen alle unsere Anlagen aus item Profilen. Der Vorteil: item bietet uns die Möglichkeit, diese Flexibilität auch beim Rahmen umsetzen zu können. Wenn der Kunde also den Roboter eigentlich für drei Artikel angedacht hatte, aber jetzt vielleicht ein vierter oder fünfter Artikel dazukommen und bereits die Flexibilität des Roboters gegeben ist, benötige ich diese Flexibilität auch in der Umhausung.

Wir bauen alle unsere Anlagen aus item Profilen. Der Vorteil: item bietet uns die Möglichkeit, die Flexibilität, die durch die Robotik gegeben ist, auch beim Rahmen umsetzen zu können.

Ich muss die Umhausung also erweitern und flexibel halten können, auch wenn die Anlage bereits ein halbes Jahr in Betrieb ist. Somit lässt sie sich auch neuen Umgebungen anpassen. Das ist auch das, was unsere Kunden uns immer wieder berichten: „Wir können eben mal schnell noch etwas dranbauen.“ Wenn ich es mit einem geschweißten Rahmen zu tun habe, ist das so nicht möglich.

Das geringe Gewicht der item Profile aus Aluminium kommt noch hinzu. Wenn ich modulare Zellen auf Rollen habe, die ich von Anlage A zu Anlage B bringen muss, ist es für den Werker deutlich angenehmer. Er muss das händisch machen. Eine Stahlkonstruktion wiegt bestimmt das Dreifache. In der Produktion ist jetzt auch nicht viel Platz, sodass man keinen Hubwagen oder Stapler nehmen kann. Es ist optimal, wenn das mobil gehalten und durch die Aluminiumprofile sehr leicht ist.

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