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Roboter und Schlupfwespen für biologische Landwirtschaft

Natur statt Chemie, ergänzt um Ingenieurskunst: So tragen Schlupfwespen zum Pflanzenschutz in der Landwirtschaft bei. Die Eier der Schlupfwespe zur Bekämpfung von Schädlingen werden automatisiert verpackt – dank Robotik und Lasertechnologie.  

Nachhaltigkeit hat gerade in der Landwirtschaft eine lange Tradition. Hierzu gehört auch der Teilbereich des biologischen Pflanzenschutzes. Seit Jahrzehnten beschäftigt man sich dort mit Fragen wie dieser: Womit schützt man Ernten auf ebenso effektive wie schonende, also natürliche Weise? Dann kommen unter anderem Nützlinge ins Spiel: Dabei handelt es sich um natürliche „Gegner“ von Schädlingen, die gezielt dafür sorgen, dass diese ausgeschaltet werden. Zu den besonders effektiven Nützlingen zählt die Schlupfwespe (Trichogramma brassicae). Die Weibchen legen Eier in den Eiern anderer Tiere ab, was diese Nützlinge dazu befähigt, Schädlinge frühestmöglich zu beseitigen. In der Landwirtschaft leisten Schlupfwespen etwa wertvolle Dienste bei der Bekämpfung des Maiszünslers (Ostrinia nubilalis) – eines Kleinschmetterlings, dessen Larven jährlich rund 4 Prozent der weltweiten Maisernte vernichten.

Die BIOCARE Gesellschaft für biologische Schutzmittel mbH aus dem niedersächsischen Dassel ist ein mittelständischer Pionier für biologischen Pflanzenschutz im Allgemeinen und von Lösungen mit Schlupfwespen im Besonderen. Aufgrund der Aktualität nachhaltiger Landwirtschaft steigt entsprechend die Nachfrage, sodass BIOCARE die eigenen Produktionskapazitäten erhöhen musste. Als es darum ging, die Herstellung spezieller Kugeln für die Ausbringung der Schlupfwespen zu optimieren, wandte sich das Unternehmen an die ibk IngenieurConsult GmbH aus dem Netzwerk der item pluspartner. So entstand eine zweiteilige, automatisierte Kugelverpackungsanlage für die erwähnten Nützlinge, wobei in diesem Beitrag der Fokus auf der ersten Station liegt. In beiden Teilen der Anlage kam die Profiltechnik von item auf vielfältige Weise zum Einsatz.

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Nachhaltiger Pflanzenschutz: Technologiepartner für die Automatisierung gesucht

Zunächst gab es bei BIOCARE Überlegungen, dass eine solche Roboterlösung möglicherweise zu groß angelegt für einen Mittelständler sein könnte: „Aber ich wurde schnell eines Besseren belehrt. Es war eine Investition, die wir uns gut leisten konnten und eine Betreuung, die ich so nicht gewohnt war von Maschinenherstellern. Weil einfach das ganze Unternehmen darauf ausgerichtet ist, vom Konzept bis zur Umsetzung alles anzubieten“, sagt Sebastian Beitzen-Heineke. Er führt gemeinsam mit seiner Schwester Elisa Beitzen-Heineke das 1995 vom Vater gegründete Unternehmen. Mit seiner Beschreibung ist die breit aufgestellte ibk IngenieurConsult GmbH bereits treffend umrissen.

Wir möchten das umfassende Know-how, das wir in der Automatisierungstechnik besitzen, zunehmend auch in den Mittelstand bringen.

Der item pluspartner ist auf die Planung, Simulation und Konstruktion im Vorrichtungs- und Anlagenbau spezialisiert – in den Kernmärkten Automobilindustrie, Flugzeubau und Sondermaschinenbau. 2011 wurde zusätzlich die ibk IndustrieService GmbH für die Fertigung von Vorrichtungen, Werkzeugen, Prototypen und Kleinserien gegründet. In ihrem Cobot-Shop bietet die ibk eine große Auswahl an Cobots, fertigen Applikationen, Zubehör und Software an. Die in der Automotive-Branche großgewordene und dort bis heute sehr aktive ibk hat in den letzten Jahren die Betreuung von KMU ausgebaut: „Wir möchten das umfassende Know-how, das wir in der Automatisierungstechnik besitzen, zunehmend auch in den Mittelstand bringen. Dabei bewegen wir uns besonders im regionalen Umfeld“, erklärt Michael Becker, Leiter des technischen Vertriebs.

Schädlingsbekämpfung dank modernster Technik und Mutter Natur

Nun zum Produkt, das durch die neue Anlage automatisiert verpackt wird: In den TRICHOSAFE®-Kugeln von BIOCARE befinden sich Eier der Getreidemotte (Sitotroga cerealella), die von der Schlupfwespe bereits parasitiert sind, sowie Wirtseier, auf die dies noch nicht zutrifft. Somit gibt es insgesamt sechs Schlüpfwellen, was zu einer Wirkungsdauer von bis zu drei Wochen führt. Nach und nach werden die Eier des Maiszünslers befallen. Durch eine Verpackung aus Zellstoff ist zweierlei gewährleistet: vollständiger biologischer Abbau des Materials auf dem Feld und der Schutz der Schlupfwespen in der Landwirtschaft vor Witterung und Eiräubern. „Durch die Verpackung sind die Tiere einfach sehr gut geschützt, bevor sie ausschlüpfen. Dadurch gibt es einen hohen Ertrag“, sagt Herr Becker. Bisweilen werden in manchen Regionen der Welt von der Trichogramma brassicae parasitierte Wirtseier noch von Hand verstreut, was allerdings ohne Schutzmaßnahmen zu hohen Verlusten führt. Hier ist die Lösung des Familienunternehmens eindeutig im Vorteil.

Verteilt werden können die patentierten Kugeln von BIOCARE für die Bekämpfung des Maiszünslers von Hand, mit Flugrobotern (wie Multikoptern und Drohnen) oder durch die Anwendung eines Kugelwerfers.

Verteilt werden können die patentierten Kugeln von BIOCARE für die Bekämpfung des Maiszünslers von Hand, mit Flugrobotern (wie Multikoptern und Drohnen) oder durch die Anwendung eines Kugelwerfers. Alternativ oder ergänzend lassen sich auch TRICHOSAFE®-Anhänger einsetzen. Wie das Ergebnis bereits erahnen lässt, kommt es bei der Herstellung der Kugeln für die Nützlinge auf höchste Qualität an. Im allerersten Schritt müssen in Pappen mit jeweils 200 Halbkugeln Löcher geformt werden. Aus zwei zusammengeklebten Pappen entstehen später die Kugeln, die mit Eiern gefüllt und ausgestanzt werden. Zuvor kam bei der Entstehung der Löcher ein Nadelbrett zum Einsatz, das die Halbkugeln durchstach. Allerdings geriet man an Kapazitätsgrenzen, zumal früher die Löcher ausfransen konnten, was bei Regen dazu führte, dass diese zu quollen.

Die Pappen (unten rechts) werden vom Laser mit Löchern versehen, durch die später die Schlupfwespen gelangen.

Automatisierte Verpackungsanlage für Schlupfwespen in der Landwirtschaft

Jetzt übernimmt eine Laserzelle der trotec laser gmbh die Aufgabe der Locherstellung, wobei die Größe der Löcher exakt und flexibel definiert werden kann. Diese Zelle befindet sich im Zentrum der Anlage, deren Rahmen und Schutzzaun aus item Profiltechnik konstruiert wurde. Vor ihr ist ein Cobot von Kassow Robots mit 7 Achsen platziert. Die Materialbereitstellung erfolgt mit drei Wagen auf item Basis, die von außen durch offene Zugänge an die Station herangefahren werden. Ein vierter, leerer Wagen steht ebenfalls bereit. Jetzt beginnt mit einem der drei gefüllten Wagen ein Kreislaufprozess: Der Roboter nimmt eine unbearbeitete Pappe auf und führt sie zur Laserzelle. „Da er über einen Doppelgreifer von Schmalz verfügt, nimmt er zunächst die zuvor bearbeitete Pappe auf, vollführt eine Drehung von 180 Grad und legt dann die ungelochte Pappe ab“, erklärt Herr Becker.

In der zweiten Station der Verpackungsanlage werden weitere Prozesse automatisiert – wie das Befüllen der Halbkugeln mit den Eiern der Nützlinge, das Zusammenfügen der Pappen und schließlich das Ausstanzen der Kugeln.

Anschließend legt der Roboter die bearbeitete Pappe auf dem nächsten Wagen ab, woraufhin der Prozess von neuem beginnt. So werden in rund vier Stunden nach und nach alle Pappen bearbeitet. Ein Sensor der wenglor sensoric group erkennt hierbei die aktuelle Höhe der Stapel. Obwohl eine Tür von item zur Verfügung steht, muss diese nur für Reinigungsarbeiten oder Einstellungen am Laser benutzt werden. Lediglich am Anfang der Schicht müssen die drei Wagen bereitgestellt werden. „Es bleibt mehr Zeit für wichtigere Arbeiten“, sagt Herr Sebastian Beitzen-Heineke. Aktuell befindet sich die zweite Station der Verpackungsanlage noch in der Fertigstellung. Dort werden später weitere Prozesse automatisiert – wie das Befüllen der Halbkugeln mit den Eiern der Nützlinge, das Zusammenfügen der Pappen und schließlich das Ausstanzen der Kugeln.

Erhöhte Taktzeit dank Doppelgreifer: Der Cobot entnimmt eine gelochte Pappe, dreht sich und legt direkt danach die noch ungelochte Pappe ein.

Vertrauensvolle Partnerschaft für biologische Landwirtschaft

Seit rund zwei Jahrzehnten ist die ibk IngenieurConsult GmbH mit den Vorteilen der item Profiltechnik vertraut, vor allem durch Kunden aus dem Automotive-Bereich. In diesem Projekt zeigten sich diese Vorzüge erneut, darunter das geringe Gewicht des Materials. Die Wagen für den Transport der Pappen sind ausgesprochen leicht, sodass sie gut zu handlen und einfach zu bewegen sind. Zentral waren wieder einmal die Freiheiten durch die modulare Bauweise, wie Michael Becker betont: „Flexibilität ist ein entscheidender Vorteil von item. Man kann konstruieren, wie man möchte. Auch wenn man etwas Zusätzliches benötigt oder der Kunde einen Änderungswunsch hat: Dann kann man das leicht anpassen, anstatt etwas neu zu bauen.“

Durch die Gestaltung dieser Anlage wurde mir so viel Arbeit abgenommen, wie es bisher bei der Konzeptionierung von Sondermaschinen noch nie der Fall war.

Überhaupt war Experimentierfreude ein entscheidender Faktor: Da die ibk über ein eigenes „InnovationsLabor“ verfügt, konnten hier grundlegende Tests mit Attrappen der Eier aus dem 3D-Drucker durchgeführt werden. Mit solchen Versuchen erprobt das Unternehmen die Prozesssicherheit. Auch die Annahme von Aufträgen ist von solchen Probeläufen abhängig. Mit dem Pochen auf höchste Qualität und der dezidierten Ausrichtung auf den Kundennutzen sind die ibk IngenieurConsult GmbH und die item Industrietechnik GmbH perfekte Partner. Das Fazit des BIOCARE-Geschäftsführers spricht in dieser Hinsicht eine eindeutige Sprache: „Durch die Gestaltung dieser Anlage wurde mir so viel Arbeit abgenommen, wie es bisher bei der Konzeptionierung von Sondermaschinen noch nie der Fall war.“

Sebastian Beitzen-Heineke, Geschäftsführer von BIOCARE, vor der Verpackungsanlage von der ibk IngenieurConsult GmbH, die den Einsatz von Schlupfwespen in der Landwirtschaft zusätzlich vereinfacht. Bereits von Weitem ist das Design der item Profiltechnik zu erkennen.

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