Wer sich mit Reinräumen beschäftigt, stößt unweigerlich auf unterschiedliche Reinraumklassen. Das hat es damit auf sich.
Gerade die Corona-Pandemie hat es gezeigt: In der Luft können unsichtbare Gefahren lauern. Es muss sich dabei nicht einmal um Viren handeln. Per se sind luftgetragene Teilchen harmlos. Doch in der Produktion zahlreicher Branchen stellen sie eine große Gefahr dar. Ein bekanntes Beispiel ist die Halbleiterindustrie. Unternehmen müssen hier komplexe und winzige Bauteile vor Verunreinigungen schützen. Schon kleinste Verschmutzungen genügen, um später Störungen oder Ausfälle zu verursachen. Damit dies nicht geschieht, erfolgt die Herstellung in Reinräumen. Darin wird die Anzahl luftgetragener Teilchen auf einem definierten, niedrigen Level gehalten. Eine besondere Rolle spielen dabei Reinraumklassen.
Angesichts verschiedener Normen für Reinräume kann man hier jedoch leicht den Überblick verlieren: Wie unterscheiden sich die Reinraumklassen? Welche Normen werden wann verwendet? Was ist eine Klassifizierung? Für einen leichteren Einstieg in die Welt der Klassen für Reinräume beantworten wir jetzt diese und weitere Fragen. Dabei nehmen wir mit der Norm DIN EN ISO 14644 und dem EG-GMP-Leitfaden (GMP = Good Manufacturing Practice) zwei Branchenregelwerke in den Blick. Zusätzlich gehen wir kurz auf die spezifischere VDI-Richtlinie 2083 ein. Wir geben unser Wissen zur Reinraumtechnik gerne weiter. Unser modulares Baukasten-Prinzip ist ein echter Möglichmacher für Ihre individuellen Projekte: Konstruieren Sie sichere Lösungen für den Reinraum exakt in der benötigten Form, Größe und Ausstattung.
item Lösungen für den Reinraum in der Übersicht
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Reinraumklassen gemäß DIN EN ISO 14644-1
Die Norm DIN EN ISO 14644 ist die deutsche Veröffentlichung der internationalen Norm ISO 14644. Sie gilt dann, wenn es um die Begrenzung von Partikeln in der Luft geht. Daher wird diese Norm in technischen Branchen verwendet. Hierzu zählen beispielsweise die Halbleiter- und Optikindustrie, IT- und Prozessortechnik oder Automobilindustrie. Anhand der Partikelkonzentration pro Kubikmeter (m³) definiert DIN EN ISO 14644-1 neun Reinraumklassen: ISO 1 bis ISO 9. Zur Erklärung: Der Zusatz „-1“ bei DIN EN ISO 14644-1 bedeutet, dass es sich um Teil 1 der Norm handelt. Man bezeichnet die ISO-Klassen auch als „Luftreinheitsklassen“. Sie sehen anhand dieser Klassen, welche Partikelkonzentration jeweils in einem Reinraum zulässig ist. Pro Klasse wird die maximal zulässige Partikelanzahl pro m³ für verschiedene Partikelgrößen definiert – von ≥ 0,1 µm bis ≥ 5,0 µm.
Neben der Partikelkonzentration sind bei einer Reinraumlösung auch Aspekte wie die Strömungsart oder Geschlossenheit des Aufbaus entscheidend.
Ein Beispiel: In einem Reinraum der ISO-Klasse 1 dürfen pro m³ lediglich 10 Partikel vorhanden sein, die größer oder gleich (≥) 0,1 µm und kleiner (<) 0,2 µm groß sind. Selbst ein einziges Partikel ≥ 0,2 µm in der Luft verstößt dann gegen die Bestimmungen der Reinraumklasse ISO 1. Dagegen erlaubt die ISO-Klasse 9 pro m³ eine Anzahl von 35.200.000 Partikeln in der Größe ≥ 0,5 µm. Davon dürfen 8.320.000 Partikel ≥ 1,0 µm und 293.000 Partikel ≥ 5,0 µm sein. Die zulässige Anzahl der Partikel <0,3 µm ist hier nicht begrenzt. Die ISO-Klasse 1 stellt also die höchsten Anforderungen an die Reinheit der Luft. Bei der ISO-Klasse 9 ist in diesem eng gesteckten Rahmen die höchste Belastung durch Partikel erlaubt. Sie können sich das Grundprinzip so merken: Je höher die Zahl der ISO-Klasse, desto mehr Partikel sind in dieser Klasse zulässig. Bei einer Reinraum-Lösung kommt es jedoch immer auf den individuellen Prozess im Reinraum an. Neben der Konzentration der Partikel sind daher auch Aspekte wie die Strömungsart oder Geschlossenheit des Aufbaus entscheidend. In diesem Zusammenhang bedeutet „Klassifizierung“ Folgendes: Ein konkreter Prozess wird anhand der Anforderungen der ISO-Klassen eingeordnet.
Reinraumklassen nach DIN EN ISO 14644-1: Tabelle
| Klasse | ≥ 0,1 µm | ≥ 0,2 µm | ≥ 0,3 µm | ≥ 0,5 µm | ≥ 1,0 µm | ≥ 5,0 µm |
|---|---|---|---|---|---|---|
| ISO 1 | 10 | — | — | — | — | — |
| ISO 2 | 100 | 24 | 10 | — | — | — |
| ISO 3 | 1.000 | 237 | 102 | 35 | — | — |
| ISO 4 | 10.000 | 2.370 | 1.020 | 352 | 83 | — |
| ISO 5 | 100.000 | 23.700 | 10.200 | 3.520 | 832 | — |
| ISO 6 | 1.000.000 | 237.000 | 102.000 | 35.200 | 8.320 | 293 |
| ISO 7 | — | — | — | 352.000 | 83.200 | 2.930 |
| ISO 8 | — | — | — | 3.520.000 | 832.000 | 29.300 |
| ISO 9 | — | — | — | 35.200.000 | 8.320.000 | 293.000 |
Quelle: DIN EN ISO 14644-1
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Eine Musterlösung ist die Maschinenkabine mit Filter-Fan-Unit und Luftrückführung. Diese Prozesseinhausung basiert auf Profilen XMS mit integriertem Kabelkanal und geschlossenen Oberflächen. Generell ist sie bis zur ISO-Klasse 2 zertifizierbar. Die Profile XMS sind die optimale Basis für reinigungsfreundliche Mini-Environments. Darunter versteht man Lösungen, die Reinraumbedingungen auf einen stark abgegrenzten Bereich und wenige Prozessschritte beschränken. Für eine hochreine, laminare Verdrängungsströmung in der Maschinenkabine sorgt die Filter-Fan-Unit. Und an einer Laminar Flow Box mit höhenverstellbarem Arbeitstisch produzieren Sie effizient, ergonomisch und unter Reinraumbedingungen. Die Laminar Flow Box ist bis zur ISO-Klasse 5 zertifizierbar und ebenfalls mit einer Filter-Fan-Unit ausgestattet. Dank der Flexibilität des item Systembaukastens können Sie den Arbeitstisch und die Einhausung flexibel anpassen. Auch ESD-Schutz sowie die Bereitstellung von Material, Werkzeugen und Informationen können Sie leicht integrieren.
Reinraumklassen gemäß EU-GMP-Leitfaden, Annex 1
GMP steht für „Good Manufacturing Practice“ (= Gute Herstellungspraxis). Der EG-GMP-Leitfaden enthält Regeln für das Qualitätsmanagement bei der Herstellung von Human- und Tierarzneimitteln. Sie finden die Definitionen der Reinraumklassen nach GMP im Annex beziehungsweise Anhang 1 des Leitfadens. Die Reinraumklassen im EG-GMP-Leitfaden sind den ISO-Klassen ähnlich, da auch sie die Partikelkonzentration berücksichtigen. Zusätzlich geben sie Anforderungen zur Vermeidung von Mikroorganismen und (falls relevant) für die Erreichung von Sterilität vor. Ein weiterer wichtiger Unterschied: Hier wird zwischen Ruhe- und Betriebszustand unterschieden. Der EG-GMP-Leitfaden definiert insgesamt vier Klassen – von Klasse A bis D. Während Reinraumklasse A die höchsten Anforderungen hat, sind die Grenzwerte bei Reinraumklasse D am wenigsten streng. Je höher der Buchstabe der Reinraumklasse im Alphabet, desto geringer sind die Anforderungen in puncto Reinheit.
Tabellen für die Reinraumklassen nach EG-GMP-Leitfaden
Maximal zulässige Partikelanzahl pro m³
| Ruhezustand | Betriebszustand | |||
|---|---|---|---|---|
| Klasse | ≥ 0,5 µm | ≥ 5 µm | ≥ 0,5 µm | ≥ 5 µm |
| A | 3.520 | 20 | 3.520 | 20 |
| B | 3.520 | 29 | 352.000 | 2.900 |
| C | 352.000 | 2.900 | 3.520.000 | 29.000 |
| D | 3.520.000 | 29.000 | — | — |
Quelle: EG-GMP-Leitfaden, Annex 1
Empfohlene Grenzwerte für die mikrobiologische Kontamination (Durchschnittswerte)
| Luftprobe (KBE/m³) |
Sedimentationsplatten (Durchmesser 90 mm) KBE/4 Stunden |
Kontaktplatten (Durchmesser 55 mm) KBE/Platte |
Handschuhabdruck 5 Finger KBE/Handschuh |
|
|---|---|---|---|---|
| Klasse | ≥ 0,5 µm | ≥ 5 µm | ≥ 0,5 µm | ≥ 5 µm |
| A | < 1 | < 1 | < 1 | < 1 |
| B | 10 | 5 | 5 | 5 |
| C | 100 | 50 | 25 | — |
| D | 200 | 100 | 50 | — |
Quelle: EG-GMP-Leitfaden, Annex 1
Anmerkung: KBE = koloniebildende Einheit. Mit der Einheit KBE wird die Anzahl von Mikroorganismen angegeben.
Einsatzbereiche für DIN EN ISO 14644 und EG-GMP-Leitfaden in der Übersicht
Bedeutung der VDI-Richtlinie 2083 für Unternehmen
Auch in der VDI-Richtlinie 2083 des Vereins Deutscher Ingenieure e. V. (VDI) werden Reinraumklassen definiert. Generell basiert sie auf der DIN-Norm EN ISO 14644 und entwickelt diese weiter. Darin werden auch Aspekte wie Energie- und Kosteneffizienz sowie Umweltschutz oder branchenspezifische Belange thematisiert. Auch Spezialthemen wie Reinraumtauglichkeit oder Mini-Environments finden hier Berücksichtigung. Im Gegensatz zur international gültigen ISO-Norm ist die VDI-Richtlinie 2083 eine ausschließlich nationale Norm. Entsprechend gilt sie nur in Deutschland. Dies sollten Sie gerade bei internationalen Projekten berücksichtigen. Es werden sieben Reinraumklassen definiert: Klasse 0 bis 6. Die Klasse mit der niedrigsten Zahl stellt die höchsten Anforderungen an die Reinheit.
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