Wir schauen auf die Ursprünge und die Entwicklung der Lean Production zurück.
Die Methoden der Lean Production gehen auf das Toyota Production System (TPS) zurück. Obwohl gelegentlich dieser Eindruck entstehen kann, spricht beim Automobilhersteller Toyota niemand von Lean Production. Diese Bezeichnung wurde durch ein Fachbuch von James Womack, Daniel Jones und Daniel Roos populär (dazu später mehr). Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts legte ein japanischer Geschäftsmann den Grundstein für das TPS: Sakichi Toyoda gründete 1918 die „Toyoda Spinning and Weaving Company“. Er entwickelte einen automatisierten Webstuhl, der selbstständig erkannte, wenn einer der Fäden riss, und daraufhin stoppte. Aus dieser Grundidee entstand später Jidoka, ein Prinzip zur Fehlererkennung und eine der Säulen des TPS. Kreativität und Innovationsfreudigkeit sollten auch seine weitere Entwicklung entscheidend prägen.
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Just-in-time wird erfunden
In der „Toyota Motor Corporation“, 1937 gegründet von Sakichis Sohn Kiichiro und dessen Cousin Eiji, wurde Jidoka weitergeführt. Hinzu kam das von Kiichiro Toyoda ins Leben gerufene Just-in-time-Prinzip. Dieses besagt, dass Produkte hergestellt werden sollen, wenn konkrete Kundenaufträge vorliegen. Aus diesem Grund spricht man von bedarfssynchroner Produktion. Konkret läuft dies so ab: Der Material- und Produktionsfluss wird so ausgerichtet und gesteuert, dass an jeder Fertigungsstation einer Fließproduktion zu jedem Zeitpunkt nur die notwendige Menge an Rohstoffen, Materialien oder Bauteilen zur Verfügung steht. Dadurch werden die Umlaufbestände geringgehalten und Sicherheitspuffer möglichst weit abgebaut.
Innovationen von Taiichi Ōno
Als eigentlicher Vater des Toyota Production Systems gilt Taiichi Ōno, der in den 1950er-Jahren als Produktionsleiter im Stammwerk von Toyota anfing. Aufgrund der Folgen der amerikanischen Besatzung und knapper Ressourcen konnte die japanische Automobilindustrie mit der Konkurrenz aus den USA nicht mithalten: Ohne Kapital zur Investition war es nicht möglich, entsprechend große Anlagen zu bauen und Bestände vorzuhalten. Gleichwohl galt die Effizienz der Produktion in den Hallen von Ford als großes Vorbild. Sowohl Kiichiro Toyoda als auch Taiichi Ōno besuchten das große Vorbild aus Übersee. Dort setzte man auf eine zentral gesteuerte Fließbandproduktion. Eigeninitiative war nicht gewünscht – jeder Arbeiter hatte eine spezielle Aufgabe schnell und wiederholt auszuführen.
Muda ist eine sinnlose Tätigkeit, die also keinen Beitrag zur Wertschöpfung leistet.
Ōno erkannte zwei wesentliche Nachteile der traditionellen, starren Massenproduktion: Da das Fließband niemals stillstehen durfte, wurden bei Ford Vorprodukte in großer Menge gelagert. Qualitätskontrollen fanden erst am fertigen Fahrzeug statt. Folglich kam es zu hohen Kosten für die Lagerung der Bestände und die notwendigen Fehlerkorrekturen. Als Konsequenz dreht sich das Toyota Production System und somit die Lean Production um die Vermeidung von Verschwendung. Diese ist hier im Sinne einer sinnlosen Tätigkeit zu verstehen, die also keinen Beitrag zur Wertschöpfung leistet. Im Japanischen gibt es hierfür den speziellen Begriff „Muda“. Hier sind die 7 Verschwendungsarten beziehungsweise 7 Muda im Überblick:
Überflüssige Materialbewegungen
Erhöhte Lagerbestände
Nicht-ergonomische Bewegungen
Vermeidbare Wartezeiten
Überproduktion
Overengineering
Defekte
Zum Thema der Verschwendung ist ein bemerkenswertes Zitat von Taiichi Ōno überliefert: „Alles, was wir tun, ist, den Zeithorizont nicht aus den Augen zu verlieren – von dem Augenblick an, in dem wir einen Kundenauftrag erhalten, bis zu dem Moment, in dem wir das Geld kassieren. Wir verkürzen diesen Zeithorizont, indem wir alles Überflüssige beseitigen.“ Überflüssiges beschränkt sich jedoch nicht nur auf Muda. Mura („Unausgeglichenheit“) und Muri („Überlastung“) sind keinesfalls zu unterschätzen. Zusammen ergeben Muda, Mura und Muri die 3M. Hierbei ist Mura sogar der schwerwiegendste Faktor.
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Wichtige Impulse für das Toyota Production System
Zusätzlich bestand Ōnos Talent darin, vorhandene Konzepte miteinander zu kombinieren und Impulse von außen produktiv aufzunehmen. So verband er nicht nur Just-in-time und Jidoka, sondern brachte aus den USA zwei wichtige Erkenntnisse mit. Während er von seinen Besichtigungen der Massenproduktion eher ernüchtert war, hatten es ihm die amerikanischen Supermärkte angetan. Er bemerkte, wie gut diese organisiert waren: Nach einem Kauf, also der Entnahme der Ware aus dem Regal, erfolgte eine Nachbevorratung/Wiederauffüllung, was Just-in-time beziehungsweise dem Pull-Prinzip entspricht. Dies lieferte Ōno die Inspiration, sich die Frage zu stellen, ob ein solches Vorgehen nicht auch in der Produktion funktionieren könnte. Daraus entstand das Kanban-Prinzip, das heute auch im agilen Projektmanagement eine wichtige Rolle spielt.
Kaizen setzt sich aus den japanischen Begriffen für „Veränderung“ bzw. „Wandel“ (Kai) und „zum Guten“ (Zen) zusammen. Es geht also darum, Verbesserungen als niemals endende Aufgabe anzusehen.
Zudem erkannte Ōno, dass sich der PDCA-Zyklus des amerikanischen Physikers und Statistikers William Edwards Deming optimal in den japanischen Kaizen-Gedanken einfügt. PDCA steht für „Plan“, „Do“, „Check“ und „Act“ und beschreibt ein präzises, stets wiederholtes Vorgehen, um Prozesse zu verbessern. Kaizen setzt sich aus den japanischen Begriffen für „Veränderung“ bzw. „Wandel“ (Kai) und „zum Guten“ (Zen) zusammen. Es geht also auch hier darum, Verbesserungen als niemals endende Aufgabe anzusehen. Diese endet nie, weil jeder Prozess immer noch ein Stück weiter optimiert werden kann. Im Rahmen der Produktion spricht man vom kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP). Dieser fördert eine positive Fehlerkultur, die alle Mitarbeiter ausdrücklich ermutigt, sich einzubringen. Schließlich sind sie es, die am Ort der Wertschöpfung (Gemba genannt) arbeiten.
Die großangelegte MIT-Studie erscheint
Während die Vorteile des japanischen Prinzips lange Zeit im Westen kaum wahrgenommen wurden, änderte sich dies zu Beginn der 1990er-Jahre schlagartig. Im Rahmen des 5 Millionen US-Dollar teuren Forschungsprojekts „International Motor Vehicle Program“ (IMVP) wurden zwischen 1985 und 1990 die Prozesse von Automobilherstellern rund um den Globus analysiert. Im Fachbuch „The Machine That Changed the World: The Story of Lean Production“ (1990) stellten Womack, Jones und Roos die IMVP-Ergebnisse vor. Ihre Veröffentlichung, oft abgekürzt als „MIT-Studie“, sorgte über die Automobilindustrie hinaus für Schlagzeilen und verkaufte sich über 600.000 Mal. In Deutschland schlug das Buch ebenfalls hohe Wellen. So schrieb DER SPIEGEL im April 1991: „Die japanische Automobilindustrie lehrt die Konkurrenz das Fürchten – dank moderner, flexibler Fertigungsmethoden. Amerikanische Forscher haben die Produktionsweise der Japaner gründlich untersucht – und kommen zu einem alarmierenden Ergebnis: Die herkömmliche Massenfertigung hat kaum noch Zukunft.“
Nicht in der MIT-Studie, sondern im Aufsatz „Triumph of Lean Production System“ von John Krafcik taucht der Lean-Begriff zum ersten Mal auf.
Es war allerdings der ebenfalls an der Studie beteiligte John Crafcik, der den Begriff der „Lean Production“ erfand. Sein Beitrag „Triumph of Lean Production System“ in englischer Sprache aus dem Herbst 1988 lässt sich übrigens hier in vollem Umfang nachlesen. Als Beispiele für die „Schlankheit“ nennt Krafcik hier Aspekte wie maximal niedrige Lagerbestände, was Kosten spart und dazu führt, dass Qualitätsprobleme schnell erkannt und gelöst werden können, oder kleine Bereiche für Reparaturen. Dies verdankt sich der Grundüberzeugung, dass Qualität innerhalb des eigentlichen Prozesses erreicht werden soll – und nicht außerhalb.
Siegeszug der Lean Production
Angesichts der offensichtlichen Vorteile der inzwischen als solche bezeichneten Lean Production machten sich Unternehmen weltweit daran, die durch die MIT-Studie bekanntgewordenen Prinzipien zu analysieren, zu adaptieren und weiterzuentwickeln. Zu den prominenten Beispielen in Deutschland gehört die 1991 erfolgte Einführung der Lean Production bei Porsche: Nach einem Besuch in japanischen Automobilfabriken und einer konsequenten Umstellung gelang es dem Unternehmen, aus der Verlustzone zu kommen. Der Produktivitätsanstieg lässt sich anhand von zwei Kennzahlen gut veranschaulichen. Während im Geschäftsjahr 1989/90 (also vor der Lean-Einführung) ein Mitarbeiter 4,9 Sportwagen produzierte, waren es 1997/98 bereits 8,5 Fahrzeuge. Zwischen 1991 und 2014 sank zudem die Durchlaufzeit bei der Fertigung eines Porsche 911 um 75 %. Hier sei an die Aussage von Taiichi Ōno zur Reduzierung der Durchlaufzeit erinnert.
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Das Lean Management, das heutzutage die Unternehmensführung entscheidend prägt, geht auf die Impulse des Toyota Production Systems zurück. Überdies sind die Grenzen zwischen traditioneller und schlanker Fertigung längst fließend. Gerade in der Intralogistik lassen sich mit Betriebsmitteln auf Basis speziell von Lean Production Systembaukästen deutliche Effizienzvorteile erreichen. Der flächendeckende Einsatz führte indes nicht nur zu einer Verfeinerung der Methoden. Auch die besagten Hilfsmittel, mit denen die Lean Production vor Ort umgesetzt wird, entwickelten sich weiter. Erfahrungen mit Schwachpunkten, zusätzliche Einsatzgebiete und eine Vielzahl von einzelnen Verbesserungen sorgten dafür, dass die neue Generation von Lean Production Baukästen wie derjenige von item auf Basis des Profilrohrsystems D30 wesentlich effizienter und robuster ist als ihre Vorgänger.
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