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Jidoka einfach erklärt: Definition, Ursprung und Vorteile

Jidoka: Definition, Ursprung und Vorteile

Automatische Fehlererkennung? Mit dem Jidoka-Prinzip aus der schlanken Produktion ist dies möglich.

Die Methoden von Lean Production und Lean Management basieren auf der Grundannahme, dass sich jeder Prozess Stück für Stück verbessern lässt. Im kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) kommt diese Idee in ihrer reinsten Form zum Ausdruck. Damit ist jedoch zwangsläufig die Einsicht verbunden, dass sich Perfektion letztendlich niemals vollständig erreichen lässt. Gemäß der traditionsreichen japanischen Vorstellung von Kaizen sollte man diese Prämisse allerdings dezidiert positiv auffassen: Wenn Perfektion unerreichbar ist, bedeutet dies nämlich auch, dass es fortwährend Raum für Optimierung gibt. Doch was ist mit Produktionsfehlern oder Qualitätsproblemen? Häufig werden diese erst spät im Prozess entdeckt, also dann, wenn es bereits zu spät ist. Es entstehen für Unternehmen also zusätzliche Kosten. Auch hierfür hält die Lean Production mit Jidoka (alternative Schreibweise: Jidōka) die passende Methode bereit – und zwar zur Qualitätssicherung in der Industrie: Indem Fehler frühzeitig identifiziert und Maschinen im laufenden Prozess automatisch gestoppt werden, können Mitarbeiter rechtzeitig eingreifen. Somit lässt sich gezielt verhindern, dass fehlerhafte Teile weitergegeben werden und defekte Produkte entstehen.

Lean Production einfach erklärt

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Was ist Jidoka?/Bedeutung des Jidoka-Prinzips

Nach Just-in-Time ist Jidoka die zweite Säule des Toyota Production Systems und somit auch der Lean Production. Bei Jidoka geht es darum, dass sich eine Anlage oder Maschine bei Problemen eigenständig abschaltet. Diese Idee geht auf einen von Toyota-Gründer Toyoda Sakichi (1867-1930) entwickelten, automatisierten Webstuhl zurück. Wenn bei diesem einer der Fäden riss, bewirkte ein spezielles Maschinenteil, dass der Webstuhl automatisch stoppte. Taiichi Ohno (1912-1990), der Vater des Toyota Production Systems, nahm diese Idee auf und entwickelt sie weiter. Das Jidoka-Prinzip stellt ein zeitgemäßes Update von Sakichis Kernidee der Erkennung von Problemen und Fehlfunktionen im Produktionsprozess dar. Dementsprechend lautet die Definition folgendermaßen: Es handelt sich um eine Methode zur automatischen Fehlererkennung im Rahmen des Qualitätsmanagements. Möglich wird dies durch den Einsatz von Systemen zur Überwachung, beispielsweise durch die Implementierung von Sensoren oder Detektoren. Treten also Probleme oder Fehlfunktionen während der Fertigung auf, erkennt dies die Maschine selbstständig und schaltet sich ab. Gleichzeitig wird der Mitarbeiter beim Jidoka-Prinzip dazu angehalten, einzugreifen und das Problem der Maschine zu lösen. Das Ziel von Jidoka besteht also darin, eine vollständige Kontrolle über den Fertigungsprozess zu haben und nicht im Nachhinein mit Fehlern konfrontiert zu werden.

Mit Jidoka lassen sich fehlerhafte Teile und Produkte gezielt vermeiden.

Für Jidoka hat sich inzwischen ein weiterer Begriff etabliert: „Autonomation“, zusammengesetzt aus „Automation“ und „Autonomie“. Im deutschsprachigen Bereich werden auch „Automation mit menschlichem Touch“ oder „intelligente Automation“ verwendet. Da Jidoka ein wichtiger Schritt hin zu einer umfassenden Automatisierung ist, sollte die Methode auch im Kontext von Digitalisierung im Maschinenbau und Industrie 4.0 betrachtet werden. Von vollständiger Autonomie beziehungsweise Selbstständigkeit (autos = selbst; nomos = Gesetz) von Maschinen kann man bei Autonomation aktuell jedoch nicht sprechen. Stattdessen kommt es zu einem perfekten Zusammenspiel von Technik und Mensch: Nachdem die jeweilige Maschine automatisiert gestoppt und eine Warnung ausgegeben wurde, ist der Mitarbeiter an der Reihe. Es gilt, das technische Problem an der Maschine oder auch am Bauteil zu beheben, den Ursachen auf den Grund zu gehen und sich Gegenmaßnahmen zu überlegen. Die Behebung des Problems ist ausdrücklich die Aufgabe des Mitarbeiters. Genau das ist der Punkt beim Jidoka-Prinzip: Es unterstützt die kontinuierliche Verbesserung durch Problemlösung, wie sie bei Toyota praktiziert wird. Dabei wird die Ursache des Problems gesucht und das eigentliche Problem durch eine Gegenmaßnahme dauerhaft behoben.

Fester Ablauf beim Jidoka-Prinzip

Folgender Ablauf hat sich bei der Umsetzung der Jidoka-Methode etabliert:

1. Feststellung der Störung
Sobald im Produktionsprozess eine Anomalie auftritt, wird diese von der Maschine eigenständig erkannt.

2. Maschine wird gestoppt
Auch der Stopp der Maschine erfolgt ohne menschliches Zutun. Jetzt können keine defekten Teile in nachfolgende Prozesse gelangen.

3. Ermittlung und Behebung der Fehlerursache
Die Mitarbeiter sind am Zug: Sie spüren den Grund des Fehlers auf und beheben diesen, sodass die Maschine wieder normal betrieben werden kann.

4. Implementierung von Gegenmaßnahmen
Anhand der neuen Erfahrungen werden grundlegende Maßnahmen getroffen, um eine Wiederholung des Fehlers im Produktionsprozess zu verhindern.

Automatische Fehlererkennung: Vorteile von Jidoka bzw. Autonomation

Zunächst führt Jidoka/Autonomation zu Produktivitätseinbußen, da die Fertigung unterbrochen werden muss. Die Vorteile der Autonomation überwiegen dies jedoch bei weitem: Mit Jidoka verfügen Unternehmen über eine effektive Methode für das Qualitätsmanagement, um Probleme aufzuspüren und anschließend schnell zu lösen. Somit muss für die Qualitätssicherung im Nachhinein weniger Zeit aufgewandt werden. Insgesamt steigt die Zuverlässigkeit des Produktionsprozesses deutlich. Gleichzeitig werden auch die Maschinen geschont, die im Falle von unentdeckten Defekten und zugeführten Teilen mit Defekten einer unnötigen Belastung ausgesetzt sind. Indem technische Anomalien direkt beim Auftreten erkannt werden, wird zudem die Ursachenforschung erleichtert, da die Spur gewissermaßen noch „heiß“ ist.

Jidoka geht direkt gegen Ausschuss bzw. Nacharbeit vor – also gegen eines der 7 Muda.

Überhaupt erfahren auch die Mitarbeiter bei der Qualitätskontrolle eine Entlastung, da sie von der automatischen Fehlererkennung unterstützt und nur noch im Vorfeld und im Falle einer Warnung aktiv werden. Dadurch haben sie mehr Zeit für wertschöpfende Aufgaben in der Produktion. Dadurch wird auf exemplarische Weise deutlich, wie mit den Prinzipien der schlanken Produktion Verschwendung reduziert wird. Konkret bezeichnet Verschwendung im Kontext der Lean Production jene Tätigkeiten, die nicht zur Wertschöpfung beitragen. Die verschiedenen Verschwendungsarten sind auch als 7 Muda bekannt. Hierzu zählen auch Ausschuss bzw. Nacharbeit. Es zeigt sich also, dass Jidoka direkt gegen eine Verschwendungsart vorgeht.

Lean Production: Beziehungen zwischen Poka Yoke und Jidoka-Prinzip im Überblick

Eine weitere Methode der Lean Production widmet sich der Vermeidung von Fehlern am Gemba. Mit Gemba ist der eigentliche Ort der Wertschöpfung gemeint, in Falle der Produktion also die Werkshalle. Hier kommt auch Poka Yoke zum Tragen. Dies kann schnell dazu führen, Poka Yoke und Jidoka zu verwechseln. Im Grunde lassen sich beide Prinzipien jedoch klar voneinander abgrenzen: Poka Yoke ist ein System zur Fehlervermeidung. Damit können bekannte Produktionsfehler durch bestimme Abläufe oder Signale vermieden werden. Gerade bei häufig wiederholten Arbeitsschritten, etwa denjenigen in der Montage, kann es leicht zu Nachlässigkeiten kommen. Mit Poka Yoke lassen sich solche Probleme verhindern. Jidoka hingegen ist keine Präventivmaßnahme, sondern greift, wenn ein Fehler erfolgt ist. Hieran zeigt sich exemplarisch, wie gut sich die einzelnen Methoden der schlanken Produktion ergänzen können.

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